Tendlau: Sprichwörter und Redensarten

Abraham Tendlau: Sprichwörter und RedensartenAbraham Tendlau (Hg.)

Sprichwörter und Redensarten deutsch-jüdischer Vorzeit

Gebunden, 112 Seiten

ISBN 10: 3-925678-37-9

ISBN 13: 978-3-925678-37-0

Preis: Euro 19,80

Die in diesem Buch enthaltenen Sprichwörter und Redensarten vermögen ein zum großen Teil hingeschwundenes Leben zu veranschaulichen und verdienen um so mehr der Vergessenheit entrissen zu werden, als sie nur im Munde des Volkes, und zwar des deutsch-jüdischen Volkes, gelebt haben. Der Verfasser musste sich teils an Erinnerungen aus seiner frühesten Jugendzeit halten, teils einigen versteinerten Personen seiner Umgebung hin und wieder ein Wort der Vorzeit ablauschen, und nur bei den Sprüchen und Redensarten fand er einige Beisteuer in den Volksbüchern jüdisch-deutscher Schriftart.

Leseprobe: 122. Den Strich von Mannem bis nach Meenz!

Auf die Frage: »Was gibt der und der seinem Sohne mit?« oder überhaupt: »Was besitzt der und der?« - »Nichts, die Erlaubnis zu betteln.« -
Zwei Bettler nämlich trafen in einer »Schlafstatt« (Bettlerherberge) zusammen. Da sagte der eine zum anderen: »Höre, meine Tochter wäre ein passender Schiddech (Partie) für deinen Sohn.« - »Was gibst du deiner Tochter nach (mit, s.18)?« fragte der andere. - »Das ganze Säckchen da voll Pfennige«, war die Antwort. - »Und was du deinem Sohn?« - »Den ganzen Strich von Mannem (Mannheim) bis nach Meenz (Mainz)« erwiderte gewichtig der zweite, indem er versprach, in diesem Strich von nun an selber nicht mehr zu betteln, sondern ihn ganz und gar und ungeteilt seinem Sohne überlassen zu wollen. - In demselben Sinne hieß es auch: »Er gibt seiner Tochter drei Medines (medinot, Provinzen) mit!«